Vorwort
Vorwort
Der
im alten Herzogtum / Königreich Württemberg zum Oberamt
Schorndorf gehörende Ort Grunbach
im Remstal ist mit
seiner Filial Osterhof
seit 1974 Teilort der
Gemeinde Remshalden im Landkreis Rems-Murr, Baden-Württemberg.
Der alte Ortskern liegt am Nordhang des Remstales an dem
namensgebenden Gruonbach.
Die Namensendung ..bach
lässt eine
Gründung im 8.Jhdt. zur Zeit der so genannten Westfränkischen
Kolonisation und eine erste Kapelle am Standort der heutigen St.
Dionysiuskirche vermuten. Der Namen dieses Kirchenpatrons und die
Verbindung zum fränkischen Kloster St. Denis bestärkt diese
Annahme.
Eine
erste urkundliche Erwähnung des Ortes findet sich in einem
Stiftungsdokument zur Erneuerung des Klosters Hirsau aus dem Jahr
1071, das Bobo de
Gruonbach, ein
Mitglied des niederen örtlichen Dorfadels, als Zeuge mit
unterzeichnete. Durch den vor allem durch die Klöster Backnang,
Lorch und Heidenheim am Hahnenkamm (Markgrafschaft Ansbach) seit fast
1.000 Jahren geförderten Weinbau war der Ort recht wohlhabend.
Vermutlich im 11. Jhdt. wurde an Stelle der ersten Kapelle eine
Kirche mit einem Steinturm innerhalb noch heute bestehenden massiven
Wehrmauern erbaut. Für die Jahre 1238 und 1273 ist auch ein
Decanus de Grunbach in
der nördlichsten Pfarrei des Bistums Konstanz nachgewiesen. Im
späten 15. Jhdt. (1484 steht über der südlichen
Eingangstüre des Langhauses) wurde dann die heutige
Dionysiuskirche mit
dem schönen gotischem Chor errichtet. Das heutige
Erscheinungsbild erhielt die Kirche bei der Generalsanierung von
1863.
Im
Laufe der Reformation ab 1534 wurden sämtliche Altäre und
Heiligenbilder der alten Schutzpatrone St. Veranus, St. Vicentius und
St. Dionysius entfernt, so dass heute nur ein Romanischer Taufstein,
ein Grabdenkmal für den Priester Johannes Lyns (+ 1517) und
Reste einer Wandmalerei an die vorreformatorische Zeit erinnern.
Nach
der von Herzog Christoph von Württemberg (1515-1568) neu
verordneten „Großen Kirchenordnung“ waren die
Pfarrer verpflichtet alle Taufen, Heiraten und Beerdigungen in
ein Buch einzuschreiben.
Am 25.Juli 1637, nach den katastrophalen Zerstörungen des Ortes
im 30jährigen Krieges, fasste Pfarrer Jeremias Heinrich die noch
erhaltenen Dokumente zum heutigen KB-Mischbuch Band 1 zusammen und
verweist dazu im Vorwort auf die unvollständigen und nur
teilweise mit exaktem Datum versehenen Eintragungen in das
Taufregister während der 3 Jahre zwischen 1578 und 1581.
Erhalten sind auch die Eintragungen der Heiraten ab 1586, wogegen die
Totenbücher erst 1637 im KB-Band 2 beginnen: Prima
Pars: Tauffbuch:
In diesem ersten Teil sind begriffen die von meinen Herren
Antecessoribus (Vorgänger)
getaufften Kinder,
soviel derselben nach Antritt meines alhiesigen Ministerii noch zu
finden waren, dieweil aber viel davon zerrissen und verschlaifft,
auch in Einschreibung derselben ein schlechte Ordnung bisweilen
observiert, indem an unterschiedlichen Orten Leichen und der
getaufften Kinder miteinvermischt worden also hat gleichwohl solches
zu corrigieren und zusammenzubinden, an statt dessen aber ein neu
Tauff, Ehe, Leich und Communicantenbuch von dem Heiligen allhie zu
erkauffen mich für gut angesehen. (das
spätere Mischbuch KB-Band 2)
Der
Band 1, die Sammlung aus
den Trümmern der Verwüstung von 1634,
beginnt 1558 mit der Eintragung des damaligen Ortspfarrer Christoph
Sax: Jacob Beder und
Anna haben im ehelichen Stand ein Kind erzeugt und taufen lassen und
heißt das Kind Maria und sein gefatter Anna Schechin ... den
26. tag may [1558]
Nach
der Überlieferung wurden die Grunbacher Kirchenbücher in
der, mit einer eisenbeschlagenen spätgotischen Türe
gesicherten Sakristei im untersten Stock des Kirchturmes aufbewahrt
und sind ab 1637 auch vollständig und im Original erhalten.
Diesen genealogischen Schatz wollen wir ihnen im nachfolgenden
Ortsfamilienbuch erschließen.
Bernd
Söltner (1929 – 2008) begann bereits in den 1990iger
Jahren auf dem Pfarramt mit der Abschrift der damals noch dort
verwahrten Kirchenbücher und Erfassung mit einem PC. Dazu
konfigurierte er eine Datenbank unter dem Betriebssystem DOS deren
Daten später leider nur unvollständig konvertiert werden
konnten. Da er sein Ziel eines Ortsfamilienbuches leider nicht
vollenden konnte übernahmen im Juni 2011 Uwe Riegel sowie
Hermann und Rosemarie Kull diese Aufgabe.
Über
nahezu 5 Jahre haben wir die 4.800 Seiten der insgesamt 14 verfilmten
und in der Zwischenzeit digitalisierten Kirchenbücher des
Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, die auf 3 DVD`s mit annähernd
2.500 Bildern gespeichert sind, komplett gelesen. Die Ergebnisse
wurden in eine professionell programmierte Genealogie-Datenbank
„Gen-Pluswin“ eingetragen. Darin enthalten sind heute die
Geburts-, Tauf-, Konfirmation-, Heirats- und Sterbedaten, sowie die
jeweiligen Taufpaten von über 24.600 einstmals in Grunbach
lebenden Personen zwischen den Jahren 1558 und 1920.
Die
von den Ortspfarrern angelegten und handschriftlich geführten
Kirchenbücher waren bis zur Einführung der staatlichen
Standesämter nach 1875 die einzigen amtlichen Personenregister
und dienten zusätzlich noch als Melderegister und der Erfassung
von Steuer- und Militärdienstpflichtigen. Im Kirchenbuch wurden
sämtliche Ereignisse der evangelischen (ev)
und auch der
katholischen Bürger (rk)
vermerkt. Eine
Grunbacher Besonderheit waren seit etwa 1840 die Anhänger der
Neukirchlichen Gemeinschaft (NK),
auch die „Nazarener“1
genannt. Obwohl die
Sektenmitglieder aus der Amtskirche ausgetreten bzw. ausgeschlossen
wurden, sind auch ihre Lebensdaten vermerkt.
Erst
mit Einführung der Zivilehe und der standesamtlichen Register
verloren die KB im 20.Jhdt ihre Bedeutung. Die heute im
Landeskirchlichen Archiv der Ev. Kirche in Stuttgart Möhringen2
sicher verwahrten
Urkunden wurden auf Mikrofilm gesichert und sind damit jedem
Interessierten frei zugänglich3.
Bei
der Erstellung dieses Ortsfamilienbuches (OFB) haben wir für die
Personennamen überwiegend die heute gebräuchliche
Schreibweise benützt. Die Pfarrer, insbesondere zu Beginn der
Aufzeichnungen, notierten die Namen meist phonetisch ohne die uns
heute so selbstverständlich erscheinenden Schreibregeln. Dazu
muss man auch bedenken, dass die Ausbildung der Familiennamen am Ende
des Mittelealters noch nicht vollständig abgeschlossen war. So
entwickelte sich z.B. der Familienname RAITHLE über Raithlin
aus Röttlin
– Rötle.
Auch den Namen BURKARTSMAIER gibt es als Burkhardtsmayer,
Burkartmeier usw.
oder MAIER als Mayer –
Majer - Meyer.
Auffällig
ist in Grunbach der Familiennamen ILLG, abgeleitet von Gilg
– Gulg – Yilg.
Wir haben alle Familien dieses Namens bis zum 19. Jhdt. nur mit einem
L geschrieben.
Nach Einführung der Standesämter durften die Familiennamen
jedoch nicht mehr willkürlich notiert werden. Dadurch sind
gerade hier in Grunbach, vermutlich rein zufällig, die 2
Schreibweisen ILG und ILLG entstanden.
Auch
bei den Vornamen gibt es viele Varianten. GEORG wurde oft als
Georgius- Georgen
-Jerg – Jörg- Jeorius,
JOHANNES als Hans -
Hannes und NIKOLAUS
als Nicolay –
Claus - Clas notiert.
Das größte Problem war und ist jedoch für jede
Transkription die Handschrift des jeweiligen Pfarrers. Es dauerte oft
Stunden und Tage um sich in deren Eigenarten einzulesen und
Veränderungen über die Jahrhunderte richtig zu verstehen.
Besonders
schwierig waren dabei die ältesten Bücher von Band 1 bis 12
in denen Taufen, Heiraten, und Sterbedaten einzeln notiert waren und
mühsam zu Familien zusammengeführt werden mussten. Erst ab
1808 wurde bei der Hochzeit auf einem vorgedruckten Formular ein
Familienregister angelegt – KB Band 13 und 14 - in das dann die
Kinder und deren weitere Ereignisdaten eingetragen wurden.
Zur
Vervollständigung unseres OFB haben wir für die Zeitspanne
nach 1875 mit der Einführung von Standesämtern bis 1920
zusätzlich deren Register aus dem Ortsarchiv in
Remshalden-Grunbach ausgewertet.
Mit
dem vorliegenden OFB kann nun jeder interessierte Familienforscher
selbst die Querverbindungen zu unseren insgesamt 7 Heften zur
Grunbacher
Ortsgeschichte herstellen.
4 Darin
sind im Anhang für jedes der ca. 200 Grunbacher Wohngebäude
(mit Osterhof) die Eigentümer und ihrer Lebenszeit tabellarisch
aufgelistet.
Trotz
mehrfacher und sorgfältiger Korrektur sind im vorliegenden Werk
sicherlich auch noch Fehler und unvollständige Angaben
enthalten. Das Autorenteam bittet deshalb alle geneigten Leser um
entsprechende Korrekturhinweise.
Remshalden
Grunbach im Februar 2016
1
Remshaldener Ortsgeschichten: Hermann & Rosemarie Kull, Grunbachs
historische Gebäude Band VI
2
Landeskirchliches Archiv Stuttgart: Findbuch für das
Evangelisches Pfarrarchiv Grunbach, 2008
3
Landeskirchliches Archiv Stuttgart: Kirchenbuchdatenbank - Film Nr.
KB 987; KB 988 & KB 989
4
Remshaldener Ortsgeschichten: Hermann & Rosemarie Kull, Grunbachs
historische Gebäude Band I bis VII
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